Polizei Hannover: Landesdatenschutzbeauftragter Niedersachsen sieht keinen Handlungsbedarf

Penforce Germany sagt: Diese Bewertung überrascht, da sie nicht mit der rechtlichen Aussage aus der Entschließung zum Reality-TV vereinbar ist. Penforce Germany hat die Behörde gebeten, die Einschätzung noch einmal zu überprüfen.

TIMELINE: Der Landesdatenschutzbeauftragte Niedersachsen prüft seit 11 Monaten.

Der Landesdatenschutzbeauftragte teilt am 21.06.2011 mit: Die Polizeidirektion Hannover habe den Fall geprüft und mitgeteilt, dass der im Film festgenommene „Tatverdächtige“ mit dem betroffenen Medienunternehmen einen Vertrag über die Ausstrahlung der Filmsequenz in der TV-Sendung „Achtung Kontrolle“ abgeschlossen habe (= Einwilligung zur Verarbeitung seiner Daten); die Polizeidirektion das Medienunternehmen wegen der Verwendung des Beitrages für sog. „Reality TV“ abgemahnt habe. Vor diesem Hintergrund werde unter datenschutzrechtlichen Aspekten keine Veranlassung gesehen, der Angelegenheit weiter nachzugehen.

Diese Einschätzung geht an der Sache vorbei.

Penforce Germany erläutert gegenüber dem Landesdatenschutzbeauftragten Niedersachsen die Einzelheiten:

Es geht datenschutzrechtlich nicht erst um die Ausstrahlung der Filmsequenz (Medienprivileg), sondern bereits um die Datenübermittlung durch die Polizei an das Medienunternehmen, indem dieses durch zielgerichtete behördliche Unterstützung in die Lage versetzt wurde, personenbezogene Filmaufnahmen anzufertigen. Ein Vertrag zwischen dem Tatverdächtigen und dem Medienunternehmen über die Ausstrahlung kann allenfalls dann als konkludente Einwilligung für die Aufnahme gewertet werden, wenn angenommen wird,
  • dass das Medienunternehmen die Begleitung der Polizei und die vom Tatverdächtigen eigens für das Fernsehen begangene vermutete Straftat zeitlich koordiniert hat und
  • der Tatverdächtige die gezeigten Szenen geschauspielert hat.
Dies erscheint sehr unwahrscheinlich – auch angesichts der folgenden bereits geschilderten Umstände:
  • Der Atemalkoholtest ergibt 2,36 Promille BAK.
  • Der Beschuldigte erscheint nicht mehr dazu fähig, sich für die Blutabnahme aufzurichten.
Selbst eine angenommene Einwilligung in die Aufnahme kann sich nicht auf unvorhersehbare Aktionen beziehen, mit denen unter Einfluss von Alkohol in dieser Konzentration zu rechnen ist (mangelnde Bestimmtheit des Einwilligungsgegenstands).

Es ist davon auszugehen, dass die Szenen (inklusive Alkoholtest) nicht von der Polizei für das
Medienunternehmen inszeniert wurden, da die Polizeidirektion das Unternehmen wegen der Ausstrahlung abgemahnt hat.

Mit einem Vertrag zwischen dem Tatverdächtigen und dem Medienunternehmen über die Ausstrahlung der Filmsequenz wird übrigens erst recht nicht die Frage beantwortet, wie die Aufnahme von Zeugen und von Beschäftigten der Polizei datenschutzrechtlich zu bewerten ist.

Schließlich stellt sich auch die Frage, wieso die Polizeidirektion einerseits mit dem Medienunternehmen zusammengearbeitet hat (z. B. durch Mitnahme zum Einsatzort und in die Gewahrsamszelle) und nun das Medienunternehmen wegen der Ausstrahlung des Beitrags abgemahnt hat.

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